Übergewichtige Tierbesitzer und Haustiere
Übergewicht ist eine weit verbreitete Zivilisationskrankheit. Das Zuviel an Gewicht bereitet Betroffenen nicht nur gesundheitliche sondern auch psychische Probleme. Oft wird empfohlen sich einen Hund zuzulegen, um die überflüssigen Kilos purzeln zu lassen. Kann ein Hund beim Abnehmen helfen? –> Hund hilft beim Abnehmen – ja oder nein!
Die Idee hinter der Empfehlung sich einen Hund anzuschaffen ist, dass der Betroffene mit dem Haustier motivierter ist, sich durch regelmäßige Gassi-Runden, Spielen usw. körperlich mehr zu betätigen. Die Wissenschaft hat diese Thematik natürlich auch schon unter die Lupe genommen und die Aktivitäten von Kindern und Erwachsenen mit und ohne Haustier Hund analysiert. Wäre es doch ein einfaches Mittel jedem übergewichtigen Menschen einen Hund auf Rezept zuzuteilen (und würde nebenbei auch die Tierheime leer werden lassen). So einfach ist es aber nicht…
Kinder mit Hunden im Haushalt bewegen sich nicht unbedingt mehr als hundelose Kinder
Es wird oft angenommen und behauptet, dass ein tierischer Mitbewohner die Kinder weg von TV und Computerspielen bringt. Dem ist aber nur teilweise so: Studien zeigen zum Beispiel, dass Kinder mit Hund sich nicht mehr bewegten, als Kinder hundeloser Haushalte (Westgarth et al., 2017; Engelbert et al., 2016 und Westgarth, 2016). Ältere Kinder absolvierten mit ihren vierbeinigen Freunden jedoch selbständig mehr Spaziergänge, als jüngere. Die Anteile derjenigen Kinder/Jugendlichen, die täglich mit dem Vierbeiner spazieren gingen, war mit 7-8% aber eher gering. 2-6 Spaziergänge pro Woche machten 39-46%, wohingegen gar keine Spaziergänge 27-37% angaben (Westgarth et al., 2017).
Eine andere Studie bestätigt dann aber doch einen Unterschied im Aktivitätsverhalten von Kind und Hund. Jene Kinder mit einer größeren Bindung zum Hund machten auch mehr Bewegung mit ihm. Keine positiven Auswirkungen hatte der Studie zufolge das mehr an Bewegung jedoch auf das (Über)gewicht der Kinder (Gadomski et al., 2016). Die Aussage “Hund hilft beim Abnehmen” kann so einfach also nicht beantwortet werden, es gehört der Wille des Menschen dazu, damit “Hund hilft beim Abnehmen” wirklich wirkt.
Erwachsene bewegen sich mehr durch Hund – also doch gut für die menschliche Fitness und fürs Abnehmen!?
Laut einem Review mehrerer Studien zufolge zeigt sich bei erwachsenen Hundebesitzern aber ein deutlicher Effekt von mehr Bewegung durch die Hundehaltung im Vergleich zu Nichthundebesitzern (Christian et al. 2013).
Die vorherig genannten nicht eindeutigen Ergebnisse der Kinder könnten an der Aufteilung der Verantwortung der Aufgaben des Hundes (und damit auch der Gassi-Runden) mit den Eltern liegen. Der Hinweis mit mehr gemeinsamer Bewegung bei einer stärkeren Bindung würde auf alle Fälle ebenso darauf hindeuten. Genauere Daten dazu liegen (noch) nicht vor.
Hund hilft beim Abnehmen? –> Abnehmen durch Gassi gehen –> Abgenommen durch Hund!
Übergewichtige Hundebesitzer besitzen übergewichtige Hunde
Nicht nur die menschliche Bevölkerung hat Probleme mit Übergewicht, auch viele unserer vierbeinigen Begleiter leiden an überflüssigen Kilos. Beim Hund ist Übergewicht genauso ein großes Gesundheitsproblem und verbreitete Zivilisationskrankheit. Dass es Zusammenhänge zwischen dem Übergewicht von Herrchen, Frauchen und dem Vierbeiner gibt, zeigt eine Studie von Nijland et al. (2008). Übergewichtige Hundebesitzer besaßen vermehrt auch übergewichtige Hunde. Wurde das Maß an täglicher Aktivität einberechnet, verschwand dieser Effekt. Zwischen Katzenbesitzern und deren Katzen wurde hingegen kein Zusammenhang mit dem Body-Mass-Index (BMI) gefunden. Katzen scheinen sich selbständiger zu bewegen, Hunde dagegen passen sich an ihre Besitzer (notgedrungen) mehr an.
Hund hilft beim Abnehmen vs. Hundebesitzer hilft Hund beim Zunehmen!
Fazit für übergewichtige Tierbesitzer und Haustiere
Der Kauf eines Hundes ist kein garantiertes Geheimrezept gegen überflüssige Kilos. Diese Studien zeigen vielmehr auf beeindruckende Weise, dass genauso wie für Kinder auch für Haustiere ihre zweibeinigen „Eltern“ verantwortlich sind. Der Erwachsene kann und muss für sich selbst und seine Schützlinge die Stricke für eine ausreichende Bewegung und ausgewogene Ernährung ziehen.
Hat sich der Erwachsene selbst nicht im Griff, zieht er Kind und Haustier schnell in seinen ungesunden Lebensstil hinein. Hunde und andere Haustiere können jedoch natürlich helfen, eine gesündere Lebenseinstellung zu erhalten und motivieren sich mehr zu bewegen. Ein Hund kann bei Wind und Wetter ein treuer Begleiter für sportliche Aktivitäten sein, nur muss jeder dies bewusst annehmen und mit dem Hund regelmäßig vor die Türe gehen.
…also auf vom Sofa und tägliche, ausgiebige Gassi-Runden Tierzuliebe und Dirzuliebe für ein langes, gesundes Leben aller Zwei- und Vierbeiner!
Literatur:
Westgarth C., Ness A.R., Mattocks C and Christley R.M. (2017). A Birth Cohort Analysis to Study Dog Walking in Adolescence Shows No Relationship with Objectively Measured Physical Activity. Front. Vet. Sci., https://doi.org/10.3389/fvets.2017.00062
Engelberg, J. K., Carlson, J. A., Conway, T. L., Cain, K. L., Saelens, B. E., Glanz, K., Frank L.D. and Sallis, J. F. (2016). Dog walking among adolescents: Correlates and contribution to physical activity. Preventive medicine, 82, 65-72.
Gadomski, A. M., Scribani, M. B., Krupa, N., & Jenkins, P. (2016). Pet dogs and child physical activity: the role of child–dog attachment. Pediatric obesity. DOI: 10.1111/ijpo.12156
Westgarth, C., Boddy, L. M., Stratton, G., German, A. J., Gaskell, R. M., Coyne, K. P., Bundred P., McCune S. & Dawson, S. (2016). The association between dog ownership or dog walking and fitness or weight status in childhood. Pediatric Obesity.
Nijland M., Stam F. and Seidell J.C. (2008). Overweight in dogs, but not in cats, is related to overweight in their owners. Public Health Nutrition, 13 (1), 102-106, doi:10.1017/S136898000999022X
Christian H, Westgarth C, Bauman A, Richards EA, Rhodes R, Evenson K, et al. Dog ownership and physical activity: a review of the evidence. J Phys Act Health (2013) 10:750–9. doi: 10.1123/jpah.10.5.750