Das halb volle oder halb leere Glas deines Hundes
Genauso wie bei Kindern, heißt es, soll auch bei unseren lieben Gesellschaftstieren Hund, Katze, Pferd und Co. auf Strafe basiertes Lernen verzichtet werden. Dies wird oft gesagt, aber bei der Umsetzung mangelt es dann doch irgendwie. Bei starken Leinenziehen, exzessiven Bellen oder der Verwechslung des Wohnzimmerteppichs mit dem Garten gehen die Wogen hoch. Es ist ja auch nicht so leicht, wenn man vom Alltagsstress genervt ist und dann bringt einen auch noch der Hund auf die Palme. Dass dein Verhalten gegenüber deinem Hund nicht nur gravierende Auswirkungen auf eure aktuelle Beziehung, sondern auch schwere Langzeiteffekte hat, solltest du dir besser öfter in Erinnerung rufen.
Was richten aversive Methoden, also Training mit Positiver Bestrafung und Negativer Bestärkung bei deinem Hundekind an?
Eine aktuelle Studie von Vieira de Castro und Kollegen hat die Auswirkungen von der Trainingsmethoden auf Hunde untersucht und kam auf ein logisches, aber doch sehr interessantes Ergebnis:
Hunde, die mit aversiven Methoden erzogen wurden, zeigten mehr stressbezogene Verhaltensweise bzw. Körperhaltungen während des Trainings und das Stresshormon Cortisol war nach dem Training ebenso höher, als bei Hunden mit belohnungsbasiertem Trainingsmethoden. Dies zeigt, dass die strafbasierte Trainingsmethode eine starke sofortige negative Auswirkungen hat.
Dabei sagen jetzt vielleicht einige – ich bemühe mich, um belohnungsbasiert zu arbeiten, aber manchmal platzt mir halt der Kragen? Auch wenn nur selten aversiv gearbeitet wird, hat dies Auswirkungen auf die Psyche des Hundes – halt nicht so gravierend, aber doch beträchtlich schlechter, als bei der reinen belohnungsbasierten Trainingsform.
Dass die Trainingsform nicht nur Kurzzeiteffekte auf die Hundepsyche hat, sondern auch Langzeiteffekte zeigte der sogenannte „Cognitive bias test“. Dabei fanden die Hunde an einer Seite des Raums immer eine Schüssel mit einem leckeren Wurststückchen vor, auf der anderen wurde nie ein Futterstück versteckt. Die Zeit, die bis zum Erreichen der Futterschüsseln verstrich, war das wertvolle Indiz für den Gemütszustandes des Hundes.
Wer jetzt glaubt, dass manche Hunde halt eine bessere Geruchsleistung hatten, als anderen – falsch gedacht. Natürlich wurden beide Schüsseln mit dem verlockenden Würstchengeruch eingerieben.
Hunde, die mit aversiven Methoden trainiert wurden, waren mehr pessimistisch eingestellt, als jene mit belohnungsbasierten Trainingsmethoden. Sie sahen also kein halbvolles Glas, sondern ein halbleeres. Dies zeigte sich dadurch, dass diese Hunde, weniger schnell die Futterschüsseln ansteuerten, die zweideutig in der Mitte zwischen den Plätzen der Leckerli-Schüssel und der Nicht-Leckerli-Schüssel platziert wurden. Auch lernten die Hunde mit dem belohnungsbasierten Training schneller das Prinzip des Tests, aversiv trainierte Hunde brauchten länger.
Wer also einen Hund möchte, der willenlos auf Kommandos hört und brav verängstigt in der Ecke sitzt, der sollte sich für die aversive Trainingsmethode entscheiden!
Wie war die Studie von Viera de Castro aufgebaut?
An der Studie nahmen 42 Hunde von Belohnungs-basierten Hundeschulen teil, also wo mit Futterbelohnung oder Spiel gearbeitet wurde, und 50 Hunde von aversiven Hundeschulen – Anschreien, physische Manipulation oder Leinenrucke standen dort am Programm. Speichelproben wurden den Hunde sowohl zuhause bei Entspannung, als auch nach dem Training entnommen. Außerdem wurden neben dem Cognitiv bias test auch Filmaufzeichnungen gemacht und auf Stressverhalten, wie Gähnen, Lippen lecken, Pfoten heben oder jaulen analysiert.
Mehr dazu in der Studie:
Ana Catarina Vieira de Castro, Danielle Fuchs, Stefania Pastur, Liliana de Sousa, Anna S Olsson (2019): Does training method matter?: Evidence for the negative impact of aversive-based methods on companion dog welfare, bioRxiv, doi: https://www.biorxiv.org/content/10.1101/823427v1.full