Beim Pferd Emotionen erkennen können wir Menschen laut einer neuen dänisch-englischen Studie eher schlecht. Das Scheitern Stress und Schmerzen von Pferden zu erkennen ist ein großes Tierschutzproblem. Fehlende Bildung, fehlendes Bewusstsein und Fehlinterpretationen sind die Gründe hierfür. „Dein Pferd ist einfach böse, unerzogen und frech!“, wird dann einfach gesagt.
Stress-Signale beim Pferd
Verhaltensäußerungen, die auf Stress hindeuten sind zum Beispiel: das Anspannen bestimmter Muskeln, Misten/Äppeln, Schweifschlagen, nach hinten gelegten Ohren und der Versuch zu fliehen. Die Anzeichen müssen dabei nicht gravierend sein, wie wild bockend umherspringen, Kopfschlagen oder laut wiehern. Feine Anzeichen, wie vermehrte Faltenbildung über dem Auge, eine leichte Dreiecksbildung des Auges, Blinzeln oder ein Zucken des Augenlides können dabei schon die Sprache sein. Und der echte Pferdeflüsterer reagiert bereits in diesem Moment und reißt das Ruder herum.
Emotionen bei verschiedenen Pferden erkennen
Aber wie war das jetzt mit dem schlechten Erkennen von Gefühlen bei Pferden? Die Wissenschaftler zeigten in der Umfrage 6 Videosequenzen. Dabei waren unterschiedliche Reitdisziplinen und Umgangsformen zu sehen: Reiter mit Dressurpferd, Natural Horsemanship, klassische Handarbeit, Reiten gebisslos, Western Reining und eine Videosequenz mit einer Verhaltenstherapie vom Boden aus, bei der an der Verbesserung von negativen Emotionen gearbeitet wurde.
Pferdehalter unterschiedlicher Reitdisziplinen interpretierten Gefühle
Das Besondere war, dass auf allen 6 Videos Pferde mit unterschiedlichsten Stressanzeichen zu sehen waren. Dabei reichten diese von subtilen Stressanzeichen, wie Muskelanspannung, einer dreieckigen Augenform, hin zu deutlichen, wie angelegten Ohren oder Schweifschlagen.
Die Teilnehmer der Umfrage waren einerseits Pferdehalter unterschiedlicher Reitdisziplinen (gesamt 185 Teilnehmer) und Pferdeverhaltenstrainer (6 Teilnehmer). Abgefragt wurden neben allgemeinen Daten auch ihre Reitausrichtung, also ob sie Dressur-, Distanz-, Springreiter, Polospieler, … Westernreiter oder etwa Clickertrainings-Anhänger waren.
Im Fokus standen auch die 13 affektiven Gefühle: wütend, ängstlich, in Konflikt zwischen 2 Emotionen stehend, genießend, aufgeregt, fürchtend, frustriert, verspielt, entspannt, gestresst, stur, submissiv oder willenlos aufgegeben, welche je Video ausgewählt werden konnten.
Interessierte am Clickertraining schnitten überraschend gut ab
Dabei zeigte sich, dass alle Pferdeverhaltenstrainer die negativen, stressigen Situationen richtig einschätzten. Viele Pferdebesitzer übersahen viele der subtilen Stressanzeichen, mehr Reiterfahrung halfen da auch nichts. Bei dem Video, wo gebisslos geritten wurde und bei dem Natural Horsemanship-Video war sehr deutlich zu sehen, dass diese als positiver bewertet wurden als andere Reitdisziplinen. Auch kreuzten viele erfahrene Pferdehalter „stur“ bei gestressten Pferden an, das auf ein Nicht-Verständnis hindeutet.
Interessanterweise schnitten die Clickertrainings-Anhänger im Verhalten lesen besser ab, als anders orientierte Reiter. Wieso das so ist wollen die Wissenschaftler weiter analysieren. Es bleibt jedenfalls zu hoffen, dass viel mehr Pferdebegeisterte sich mehr mit den Gefühlen ihrer Reittiere befassen. Denn der Begriff „glückliche Pferde“ ist bedeutungslos, wenn wir Menschen Glück beim Pferd nicht lesen können oder sogar negative Emotionen als positive interpretieren.
Literatur:
Bell C, Rogers S, Taylor J, Busby D (2019): Improving the Recognition of Equine Affective States, Animals, 9:12, p 1124, https://www.mdpi.com/2076-2615/9/12/1124/htm