Erfahrungen sind wichtig. Das weiß jeder. Deswegen besuchen insbesondere Neuhundebesitzer regelmäßig mit ihren Welpen die Hundeschule. Blöd, dass nun die Hundeschulen dank Corona geschlossen haben, oder? So können sie wichtige Erfahrungen nicht machen und dies kann negative Auswirkungen auf ihr Verhalten haben. Aber natürlich kann auch jetzt noch fleißig und sinnvoll mit ihnen trainiert werden und Situationen nachgestellt werden, um ihnen einen guten Start ins Leben zu geben. Mehr dazu aber am Ende des Artikels, erstmal mehr zu den Auswirkungen von Corona auf unsere Hunde und uns Hundemenschen.
Welche Folgen hat Corona für unsere Hunde?
Eine große Umfrage von DogsTrust mit 6.004 teilnehmenden Hunden aus England hat das Leben mit Hund zu Corona-Zeiten und die Auswirkungen genauer untersucht. Es waren positive und negative Dinge dabei, schließlich hat alles seine Vor- und Nachteile und es kommt drauf an, was wir aus der Situation machen!
Hunde sind weniger oft alleine
Dank Homeoffice sind die Hunde weniger alleine. Das ist ein klarer Vorteil für unsere Hunde, die ja sozial sind und daher gerne bei seinem Menschen sind. Aber auch wir Menschen haben Vorteile durch die vermehrte Anwesenheit unserer Hunde. Die Anwesenheit und das ruhige Atmen unserer Vierbeiner senken unsere Herzrate und den Blutdruck. Blicke und Interaktionen schütten in uns Oxytocin aus. Das alles sind tolle Sachen, um den Arbeitsstress zu vermindern und uns produktiver arbeiten zu lassen.
Laut der Studie von DogsTrust können Hunde am Arbeitsplatz zuhause aber auch negative Effekte haben. Um 82% hat sich etwa das Winseln oder Bellen von Hunden erhöht, wenn der Mensch intensiv arbeitete oder anderweitig beschäftigt war. Um 54% stiegt auch das Verhalten sich zu verstecken oder wegzugehen, wenn sie vom Menschen angesprochen wurden. Auch das Anhänglich sein und überall im Haus folgen stieg um 41%.
Probleme mit dem Alleinsein nahmen während des Lockdowns ab, aber eh klar, wenn der Mensch im Homeoffice ist und nirgends sonst hinkann, weil alles geschlossen ist. Die Hunde in der Studie zerkratzten oder zerstörten weniger Möbel, sie saßen weniger vor der Haustüre und bellten, winselten oder jaulten. Sie wanderten weniger ruhelos durch die Wohnung, drehten sich weniger im Kreis oder jagten ihren eigenen Schwanz. Auch die Stubenreinheit nahm zu. Das sind alles positive Effekte, aber waren wohl auch ein Zeichen für ein starkes Problem mit dem Alleinbleiben vor dem Corona Homeoffice.
Probleme mit dem Alleinsein nach Corona?
Was wird aus den Hunden bei Lockerungen und der Rückkehr zum normalen Leben? Das wenig Alleinsein und Zusammensein mit dem Menschen wurde die letzte Zeit noch mehr zur Gewohnheit. Wenn dann wieder Arbeit oder Schule besucht werden darf, dann ist der Hund plötzlich wieder mehrere Stunden alleine daheim und die Probleme wieder da oder noch schlimmer. Ein stufenweises und gut durchdachtes Training zum Wieder-Alleinbleiben sollte daher unbedingt eingeplant werden. Besonders bei solchen Hunden, die schon vor dem Lockdown problematisches Verhalten zeigten!
Weniger Hundekontakte – damit teilweise weniger unangenehme Situationen
Wir Menschen sind dazu aufgerufen unsere Kontakte einzuschränken. Gemütliches Beisammenstehen und Plaudern haben also auch Hundebesitzer auf ihren Spaziergängen eingeschränkt.
Manche Hundebesitzer (besonders solche mit reaktiven Hunden) sind froh darum, da es durch das Abstandhalten leichter ist, anderen Hunden und Menschen auszuweichen. Diese besondere Zeit kann und sollte aber unbedingt für ein ordentliches Training von Hundebegegnungen genutzt werden. Schließlich sind Hundebegegnungen ein Alltagsthema, das oft Probleme macht, aber mit Wissen über die Kommunikation von Hunden untereinander und einem guten Trainingsplan effizient und gut behoben werden kann. Dies zeigte sich in der Studie mit der Tatsache, dass reaktives Verhalten, also etwa bellen oder nach vorne stürmen, wenn andere Hunde zu sehen waren, vor und während des Lockdowns gleich schlimm waren.
Wieder andere Hundebesitzer beklagen sich über die Zunahme von Spaziergängern auf ihren früher ruhigen Gassi-Routen. Wer nicht fortfahren kann, muss eben die schöne Heimat erkunden. Auch das kann ein Stresspunkt für Hund und Mensch sein, besonders, wenn Trainingsdefizite oder Ängste beim Hund vorhanden sind.
Probleme mit der Sozialisierung von Welpen
Besonders Hundehalter mit Welpen und Junghunden befürchteten in der Studie ein Defizit in der Sozialisation ihrer Hunde. Die sozialen Fähigkeiten sollten ja mit freundlichen Hunden aufgebaut werden. War es vor dem Lockdown noch 57% der Hunde aus der Studie erlaubt, andere Hunde zu begrüßen, so sank dies fast auf die Hälfte. Nur mehr 30% der Hunde war eine Begrüßung eines anderen Hundes während des Lockdowns erlaubt. Dies zu üben war also schwieriger.
Außerdem wurden Hunde auch weniger Freilauf gewährt. An der Schleppleine ist das weniger ein Problem, da der Hund noch herumlaufen und die Umgebung erkunden kann. Das bedenkliche Ergebnis war, dass mehr Hunde ständig an der kurzen Leine geführt wurden. Das kann Frust im Hund auslösen und Leine-ziehen verstärken. Der Hund kann außerdem seine Motivationen und Bedürfnisse beim Gassi-Gehen nicht ausreichend stillen – das ist alles schlecht für einen glücklichen, ausgeglichen Hund.
Dinge, die du deinem Welpen auch im Corona-Alltag lernen solltest
Hundeschulen haben, wie gesagt, derzeit im Lockdown (leider) keine offen. Dort hättest du im besten Fall (je nach der Qualität der Hundeschule) nicht nur Gehorsamkeitsübungen gelernt, sondern auch wie dein Hund Schritt für Schritt an Alltagssituation herangeführt wird und diese gelassen meistert.
Dazu gehören etwa das Vertraut machen mit unterschiedlichsten Gegenständen und Geräuschen, Beachtenswertes beim Autofahren, aber auch das Vorhandensein von Autoverkehr, Radfahrern, Joggern und Fußgängern beim Gassi-Gehen. Das Meistern von Hundebegegnungen ist ein weiterer Punkt, also nicht nur Spielen lassen oder aufeinander zugehen oder eng aneinander vorbei gehen, sondern Abstand halten, Distanzen wahren und auf die Körpersprache des Hundes eingehen.
Manche Dinge sind wegen Corona derzeit weniger gut möglich.
Aber alles der Reihe nach: Ausflüge zu etwas mehr belebten Orten oder in die Stadt können trotzdem gemacht werden und sind dank der Abstandsregel auch für die Welpen heutzutage bestimmt um einiges angenehmer, als früher, wo dichtes Gedränge herrschte und Autokolonnen Alltag waren.
Andere Haushalte, also Freunde und Bekannte besuchen, ist etwas, das dein Hund eigentlich auch lernen sollte, aber derzeit eher weniger gut möglich ist. Dasselbe gilt natürlich auch für die Einladung von mehreren Gästen im eigenen Haus. Du kannst aber auch derzeit im kleinen Rahmen üben, also 1 Gast bei dir oder der Besuch eines anderen Haushaltes mit deinem Hund. Dein Welpe ist bestimmt eine willkommene Abwechslung.
Aber vergiss nicht, dass du diese Situationen üben sollst, damit ihr später keine Probleme habt, oder Problemverhalten dann wieder umständlich abtrainieren musst. Suche dir also am besten kompetente Hilfe, die dir dabei hilft, deinen Welpen zu einem tollen Junghund zu erziehen. Das muss nicht in der Hundeschule sein, auch mit Einzeltraining bei dir Zuhause oder online können dir Hundetrainer zur Seite stehen.
Alternativen und Vorteile von Corona Hundetraining
Man kann viele Sachen, die derzeit nicht möglich sind, gut umgehen oder sogar gezielt nützen. Das Klingeln an der Türglocke wird etwa schnell ein Auslöser für unerwünschtes Gebell und zur Tür preschen. Dank Corona sind Besuche derzeit selten und du kannst deinen Hund gezielt darauf vorbereiten. Du kannst etwa von Zeit zu Zeit selbst anläuten und so deinen Hund auf ein anderes Verhalten konditionieren oder deine Nachbarn oder Freunde für ein Besuchstraining um Hilfe bitten.
Brauchst du Unterstützung mit deinem Welpen?
Falls du Hilfe benötigst, kannst du mich auch gerne für ein Einzeltraining bei dir Vor-Ort in Oberösterreich oder weltweit online kontaktieren. Ich werde mit dir dann euren Welpen-Fahrplan Schritt für Schritt durchgehen: also wo ihr derzeit steht, was euch Probleme bereitet und was du wegen Corona ganz besonders (anders) üben solltest.
Liebe Grüße, deine Doris von Tierperspektive
Literatur
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